bestform. Kongress 2024

11 Okt. 2024

bestform. Kongress 2024

Nachlese

Der bestform-Kongress am 11. Oktober 2024 im Pavillon des TUM Universitätsklinikums in München stand ganz unter dem Motto „Sport kennt kein Alter

Das Programm war in mehrere Themenblöcke gegliedert, in denen renommierte Experten über verschiedene Aspekte eines körperlichen Trainings im Alter sprachen und rege diskutierten. Zentral war dabei immer die Frage: Wie bleiben ältere Menschen körperlich fit und unabhängig und wie lässt sich körperliche Aktivität nachhaltig in Seniorenheimen integrieren?

bestform kongress 20241011 03

Die Gastgeber Prof. Martin Halle, ärztlicher Direktor der Präventiven Sportmedizin und Sportkardiologie, und Annette Heuser, Vorständin der Beisheim Stiftung und Förderin der bestform-Studie, Annette Heuser, begrüßten die ca. 150 Gäste, darunter Vertreter von Politik und Verbänden, Leitungen von Senioreneinrichtungen, sowie Mitarbeiter aus dem Bereich der Pflege, Ärzte, Sportwissenschaftler, Therapeuten, Trainer, Studierende und interessierte Senioren.

Dr. Stefan Arend vom Institut für Sozialmanagement und Neue Wohnformen eröffnete den Kongress mit einem spannenden, zukunftsweisenden Blick auf das „neue Alter(n)“ in einer „Gesellschaft des langen Lebens“. Er forderte die Zuhörerschaft auf, offen für einen Paradigmenwechsel zu sein und mehr die Kompetenzen und weniger die Defizite von älteren Menschen zu sehen. Wir selbst könnten jederzeit in unsere Biografie eingreifen und unser Altern aktiv selbst gestalten.

Anschließend referierte Prof. Jürgen Bauer vom geriatrischen Zentrum am Universitätsklinikum Heidelberg des Agaplesion Bethanien Krankenhauses Heidelberg zur Bedeutung von Bewegung aus Sicht der Geriatrie. Obwohl die körperlichen Funktionen wie Handkraft und Ganggeschwindigkeit im Alter nachlassen, sind die Verläufe, wie auch die Menschen, individuell sehr unterschiedlich und heterogen. Entsprechend brauche es validierte und individuelle Trainingskomponenten. Die Studienlage zeigt, dass sich mit einem strukturierten Training Frailty, Sarkopenie und Mortalität positiv beeinflussen lassen. Zudem spielen eine proteinreiche Ernährung und auch die Nutzung neuer digitaler Tools, sogenannte „wearables“, zukünftig eine entscheidende Rolle.

Wie ein Training in der Praxis aussehen kann, zeigte das bestform-Team der TUM in der nächsten Session „Fast Facts - Effektives Training im Alter“: Julia Isaak stellte die wesentlichen Komponenten Kraft-, Koordinations- und Ausdauertraining als „perfekten Dreiklang“ vor. PD Dr. Monika Siegrist zeigte die Vorteile eines Gerätetrainings gegenüber einer Gymnastik anhand von fundamentalen Trainingsprinzipien und wirksamen Trainingsreizen auf. Veronika Schmid diskutierte mit Blick auf die Erfahrungen aus der bestform-Studie die Herausforderungen und Chancen der Trainingsumsetzung im Setting Seniorenheim. Abschließend verwies Michael Weiß auf die wesentlichen Prädiktoren für ein nachhaltiges und effektives Training. Entscheidend für den Erfolg ist eine gute Trainingsadhärenz, Spaß und Motivation sowie die sozialen Begegnungen beim Training.

In den Kaffeepausen konnten die Zuhörer die begleitende Ausstellungsfläche besuchen und sich an verschiedenen Mitmach-Aktionen beteiligen, z.B. einen Alters-Anzug ausprobieren.

In der Session „Training für Muskeln & Co“ beleuchtete Prof. Henning Wackerhage von der TUM Sportbiologie sehr anschaulich wie die Muskelmasse unseren Stoffwechsel beeinflusst. Beispielsweise führt Muskelwachstum zu einem Verlust von Fettmasse und verbessert den Glukosestoffwechsel. Die Hypothese, dass wachsende und durch Training stimulierte Muskeln dabei vermehrt Glukose und Proteine aufnehmen und so gegen Diabetes Mellitus und Adipositas wirken, wird demnächst durch eine DFG-geförderte HyperMet-Forschungsgruppe erforscht.

Im Anschluss gab PD Dr. Ellen Freiberger von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen ein Update zur Sturzprophylaxe im Kontext internationaler Sturz-Guidelines. Die Identifizierung von älteren Menschen mit Sturzrisiko ist essenziell, da sie Stürze oft nicht selbst berichten und diese auch unterschiedlich definieren. Zudem erfordert eine effektive Sturzprävention ein interdisziplinäres Team und multidimensionale Interventionen, die auf individuelle Risikofaktoren abgestimmt sind.

In der folgenden „Fast Facts“-Session mit anschließender moderierter Expertenrunde wurde prägnant beleuchtet, was Sport bei verschiedenen Begleiterkrankungen bewirkt. Prof. Ralph Schmidmaier vom Osteologischen Schwerpunktzentrum der LMU München ging dabei auf die verschiedenen Belastungsaspekte von knochenaufbauendem Training bei Osteoporose und auf wirksame Trainingsmodalitäten bei Sarkopenie ein. Prof. Christine von Arnim, Direktorin der Klinik für Geriatrie der Universitätsmedizin Göttingen, stellte kurz die heterogene Studienlage zu Sport bei Demenz und kognitiven Erkrankungen vor: Insgesamt reduziert körperliche Aktivität das Demenzrisiko, die Effekte sind aber gering. Dennoch empfehlen die Leitlinien eine Aufnahme von körperlichem Kraft- und Ausdauertraining bei bereits bestehender Demenz und leichten kognitiven Beeinträchtigungen. Ph.D. Nanna Notthoff, Juniorprofessorin für Exercise Psychology der Universität Leipzig, stellte heraus, dass körperliche Aktivität sich positiv auf das subjektive Wohlbefinden und die Lebensqualität auswirkt und zudem Depression und Ängstlichkeit reduzieren kann. Ältere Erwachsene könnten auch unmittelbar, d.h. direkt nach einer Trainingseinheit profitieren, z.B. indem sie weniger depressive Symptome verspüren.

bestform kongress 20241011 04

Prof. Jürgen Bauer bei seinem Vortrag

Prof. Mark J. Haykowsky, vom Research Chair in Aging and Quality of Life an der University of Alberta, Kanada gab Trainingsempfehlungen für ältere Patienten mit Herzinsuffizienz. Da diese Patienten häufig in ihrer Belastbarkeit deutlich eingeschränkt sind, profitieren sie besonders von einem multimodalen körperlichen Training, das speziell auf ihre gesundheitlichen Voraussetzungen angepasst ist. Es soll insbesondere auch die Wünsche und die gelebte Bewegungs-Erfahrung der Patienten berücksichtigen, nach dem Motto – „Was will und kann der Patient tun?“

Nach der Mittagspause folgte mit der Vorstellung der bestform-Studie ein Highlight des Kongresses: Nina Schaller und Michael Weiß stellten zunächst die bereits publizierten Ergebnisse (Publikation 1 | Publikation 2) aus der bestform-Pilotstudie vor, in der die Machbarkeit des multimodalen, gerätegestützten bestform-Trainings im Setting Seniorenheim gezeigt wurde. In der anschließenden randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) mit über 400 Teilnehmenden und einem Durchschnittsalter von gut 85 Jahren konnten erste positive Ergebnisse hinsichtlich einer Verbesserung der körperlichen Funktion, der körperlichen Belastbarkeit, des Sarkopenie-Risikos und der Selbständigkeit bei Alltagstätigkeiten präsentiert werden. Veronika Schmid ergänzte den Vortrag mit einer Subanalyse der bestform-Daten zu körperlichem Training, Herzinsuffizienz und Biomarkern. Die auf dem Kongress vorgestellten Daten werden derzeit weiter aufbereitet und in Kürze publiziert.

Im anschließenden Beitrag wurde die praktische Umsetzung des bestform-Trainings im KWA Stift Rupertihof in Rottach-Egern als best-practice-Beispiel von Stiftsleiterin Lisa Brandl-Thür und bestform-Trainerin Sandra Bobrik vorgestellt.  Die bestform-Senioren trainieren hier seit Beginn der Pilotstudie im Jahr 2018 nach wie vor sehr fleißig und mit großer Begeisterung. 

bestform kongress 20241011 02

Als krönenden Abschluss des Kongresses moderierte Andreas Beez (Mediengruppe Merkur/TZ) eine illustre Podiumsdiskussion über die Rolle von Bewegung in der Pflege und die Möglichkeiten, diese in den Pflegealltag zu integrieren. Filmemacher Jan Tenhaven kommentierte dazu Ausschnitte aus seinem Film „Herbstgold“, bevor PD Dr. Monika Siegrist, Prof. Martin Halle, Ex-Skirennläufer Christian Neureuther, AOK-Vorstand Rheinland/Hamburg Matthias Mohrmann, KWA-Vorstand Dr. Johannes Rückert und Dr. Stefan Arend rege diskutierten, wie Pflege endlich in Bewegung kommen kann. Alle waren sich einig, dass Bewohner in Senioren- und Pflegeeinrichtungen ein Recht auf ein fundiertes, evidenzbasiertes Trainingsprogramm wie bestform haben sollen. Die Umsetzung und die notwendige Etablierung in den Pflegestandards können nur mit vereinten Kräften erreicht werden und mit Unterstützung aus der Politik erfolgen.

bestform kongress 20241011 01

Partner

Wir danken der Beisheim Stiftung für die stets tolle Zusammenarbeit, Unterstützung und Partnerschaft.

Sponsoren

Dieser Kongress „Update zu bestform. Sport im Alter" wird freundlicherweise unterstützt von

Jüngst zurückliegende Veranstaltungen

Pascale Heim-Ohmayer

Kongressbüro

Organisation und Kontakt

Pascale Heim-Ohmayer
Fon +49 (0)89-289 244 41
Fax +49 (0)89-289 244 51
Email kongress.sportmed@mri.tum.de

Präventive Sportmedizin
und Sportkardiologie

Georg-Brauchle-Ring 56/58
D-80992 München
+49 (0)89-289 244 41
sportmed@mri.tum.de

Doctolib
Termin online vereinbarenHier klicken